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Social Media als Instrument des Krisenmanagements : To Tweet or not to Tweet

Wichtige Geschehnisse werden heute im Handumdrehen in sozialen Medien berichtet und kommentiert. Wer daran nicht aktiv mitwirkt, überlässt diese wichtigen Informationskanäle eventuell Spekulationen, Gerüchten oder emotionalen Einzelmeinungen, die sich schnell verbreiten können. Andererseits darf man den Aufwand nicht unterschätzen, hier selbst tätig zu werden. Was tun? Was lassen?

Lesezeit 14 Min.
To Tweet or not to tweet-
To Tweet or not to tweet-

Social Media bestimmt mittlerweile unseren Alltag – ob Facebook, Twitter oder andere Dienste, fast jeder hat einen Account bei einem solchen sozialen Netzwerk. Dieser Trend geht auch an der Wirtschaft nicht vorbei. Einige Unternehmen haben das damit verbundene Potenzial zwar noch nicht für sich erkannt. Was feststeht, ist jedoch die Erwartungshaltung des Publikums, dessen Meinung und geballte Meinungsmacht nicht zu unterschätzen sind.

In der Vergangenheit hat es zahlreiche Beispiele gegeben, in denen Unternehmen mit Fingerspitzengefühl und Professionalität auf ihren Social-Media-Kanälen auch über Schadensereignisse berichtet haben. Als Beispiel kann hier der Umgang von Lufthansa und Germanwings mit dem am 24. März 2015 in den französischen Alpen verunglückten Germanwings-Flug 4U9525 auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf genannt werden: Beide Unternehmen nutzten Social Media als Instrument des Krisenmanagements, indem sie unverzüglich Informationen veröffentlichten und dabei offen, ehrlich, transparent und Verantwortung zeigend handelten und aktiv über die Netzwerke kommunizierten.

Nachdem die ersten Gerüchte über einen Absturz in den sozialen Medien auftauchten, reagierten sowohl Lufthansa als auch Germanwings ad hoc auf ihren eigenen Kanälen und positionierten sich somit als authentische Informationsquelle (vgl. Abb. 1). Die ehrliche und aktive Kommunikation über die sozialen Medien trug unmittelbar dazu bei, mögliche Brandherde in den einschlägigen Diensten einzudämmen. Social Media hat in diesem Beispiel sein Potenzial als Instrument des Krisenmanagements deutlich gezeigt.

Jede Organisation sollte heute das Potenzial von Social Media auch als Instrument des Krisenmanagements für sich abwägen und gegebenenfalls für sich nutzen, um Krisen medial beherrschen zu können.

Abbildung 1: Twitter-Meldung der Lufthansa zum Absturz des Germanwings-Flugs 4U9525
Abbildung 1: Twitter-Meldung der Lufthansa zum Absturz des Germanwings-Flugs 4U9525

Social-Media-Taxonomie

Der Begriff „Social Media“ prägt wie kein anderer das digitale Miteinander und das Kommunikationsverhalten der heutigen Gesellschaft. Ein Großteil der Menschen chattet eher miteinander oder versendet Sprachnachrichten, anstatt miteinander zu telefonieren.

Ausschlaggebend für diesen Bedeutungszuwachs war die Entwicklung des sogenannten „Web 2.0“, mit dessen Einführung ein Wandel im Internetnutzungs- und Kommunikationsverhalten des Nutzers einsetzte. Anders als im „Web 1.0“ wurde dem Nutzer die Möglichkeit eröffnet, Mitgestalter für Web-Inhalte zu sein (Texte, Bilder, Videos oder Audiodateien): Jeder wurde in die Lage versetzt, selbst ganz einfach Inhalte einer breiten Masse an Nutzern bereitzustellen sowie Informationen und Meinungen zu teilen.

Heute spricht niemand mehr vom „Web 2.0“, wenn man von der Vernetzung, dem Austausch oder der Erstellung und Veröffentlichung von Meinungen und WebInhalten spricht – für die breite Masse sind dies die wesentlichen Attribute von Social Media. Dabei repräsentieren diese nicht das „Web 2.0“, sondern sind nur ein Teil davon.

Im Mittelpunkt steht die Interaktion der Nutzer sowie die Erstellung und Veröffentlichung (mehr oder minder) eigener Inhalte – sprich „User Generated Content“ (UGC). Um diese von „professionell“ erstellten Inhalten abzugrenzen, hat die „Organisation for Economic Co-Operation and Development“ (OECD) Maßstäbe definiert, wann Inhalte als UGC gelten [1]. Dazu zählen unter anderem die allgemeine Zugänglichkeit und eine selbstständig erschaffene, kreative Schöpfung von Internetinhalten, die Ergebnis einer professionellen Arbeit sind.

Social Media ist jedoch nicht immer gleich Social Media: Die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale umfassen die Nutzungsart, die Funktionsmöglichkeiten, die Reichweite (Anzahl aktiver Nutzer und Zielgruppen – vgl. [2]). So lassen sich verschiedene Arten von Social Media unterscheiden:

  • „Wikis“ dienen der kollektiven Sammlung und Bereitstellung von Informationen – der bekannteste Vertreter ist die Wikipedia
  • „Blogs“ und „Microblogs“ (z. B. WordPress, Twitter oder Mastodon) fungieren als Instrument der persönlichen Informationsbereitstellung und dienen häufig der Selbstdarstellung
  • Social Networks“ (z. B. Facebook) haben die persönliche Informationsbereitstellung und Vernetzung mit anderen Menschen als Kernaufgabe
  • Media Sharing“ oder „Social Sharing“ (z. B. Youtube) boten von Anfang an die Möglichkeit, bereitgestellte Informationen oder Inhalte mit einer Schlagwortsuche zu koppeln – durch die Verbreitung von Hashtags in vielen Diensten ist das jedoch heute kein Alleinstellungsmerkmal mehr.

Hier wird schnell deutlich, dass – trotz einer gemeinsamen Grundlage – Aufbau, Zweck und Charakteristik der einzelnen Arten von Social Media teilweise deutlich voneinander abweichen. Aufgrund der großen Auswahl solcher Medien ist ein differenziertes Angebot auch durchaus wichtig, um Nutzer zu halten beziehungsweise neu zu gewinnen.

Die unterschiedlichen Nutzungsarten sind aber auch für Unternehmen relevant, die Social Media bereits einsetzen oder erwägen, dies zukünftig zu tun: Die Auswahl einer Plattform hängt wesentlich vom vorgesehenen Verwendungszweck ab.

Einsatz im Krisenmanagement

Der enorme Einfluss von Social Media im Krisenmanagement ist heute klar erkennbar: Nahezu jede Krise wird gleichzeitig in den sozialen Netzwerken thematisiert und diskutiert. Gerade bei plötzlichen und unerwarteten Ereignissen sind die sozialen Medien in ihrer Reaktion deutlich schneller als traditionelle Nachrichten.

Dies hängt unter anderen damit zusammen, dass die breite Öffentlichkeit sich zunehmend mithilfe der sozialen Netzwerke über nachrichtenwürdige Ereignisse informiert – der Idee des „Web 2.0“ zufolge ist jeder Nutzer gleichzeitig Autor und Rezipient. Der technische Fortschritt verstärkt diese Entwicklung, indem er es jedem ermöglicht, praktisch jederzeit und überall soziale Medien zu nutzen.

Es läge daher nahe, dass Social Media auch im Krisenmanagement von Unternehmen eine stärkere Rolle einnehmen sollte. Für Unternehmen, die solche Kanäle noch nicht für ihre Alltagskommunikation entdeckt haben, ist ein entsprechendes Engagement jedoch keine leichte Entscheidung, die ein Abwägen von Vor- und Nachteilen erfordert.

Grundsätzlich bieten Social-Media-Plattformen die idealen Grundvoraussetzungen, um unmittelbar zu plötzlichen Ereignissen Stellung beziehen. Unternehmen haben damit die Möglichkeit, einerseits ihre Sichtbarkeit gegenüber der Öffentlichkeit zu erhöhen und andererseits der resultierenden Erwartung der Öffentlichkeit eines schnellen und direkten Informationsaustauschs gerecht zu werden.

Durch eine entsprechende Community werden besondere Inhalte zudem weitertransportiert. Auch klassische Medien haben diesen Nutzen erkannt und treten selbst oft aktiv in sozialen Netzwerken auf. Dabei bedienen sie sich für ihre Berichterstattung häufig der Beiträge von Nutzern und stellen eigene Beiträge wiederum einer breiten Nutzerschaft in den Netzwerken zur Verfügung.

Das hat sowohl Vor- als auch Nachteile: Informationen erzielen eine deutlich größere Reichweite, was die Sichtbarkeit eines Unternehmens erhöht. Fehler in der Krisenbewältigung werden jedoch ebenfalls medial hervorgehoben. Kommunikationsfehler in sozialen Netzwerken wiegen gerade im Hinblick auf Krisen schwerer und halten länger vor als in der klassischen Öffentlichkeitsarbeit.

Die Kommunikation in sozialen Medien ist fast generell durch Emotionalität geprägt, wodurch auch Hemmungen sinken, im Rahmen einer stark emotionalisierten Diskussion eine drakonische Wortwahl zu nutzen. Meinungen verbreiten sich schnell und ungehindert – dadurch entstehende Schneeballeffekte sind aufgrund der Geschwindigkeit und Reichweite deutlich schwerer bis gar nicht kontrollierbar. Dazu zählen auch Kritiken und Beanstandungen, die sich unmittelbar verbreiten.

Der Weg zum Ziel

Gerade im Hinblick auf die Krisenkommunikation ist eine Nicht-Reaktion allein aufgrund der Erwartungshaltung der Öffentlichkeit an der Teilnahme des Unternehmens am digitalen sozialen Leben immer kontraproduktiv (vgl. [3]).

Unter den richtigen Voraussetzungen kann Social Media dabei helfen, einen Vertrauensvorschuss aufzubauen: Der hierdurch ermöglichte Diskurs zwischen Unternehmen und Öffentlichkeit (etwa durch Veranstaltungshinweise, Nachwuchswerbung oder Einblicke in die Tagesabläufe) kann Nutzer schon im Vorfeld eines Ereignisses dahingehend sensibilisieren, das Unternehmen als glaubwürdigen und verlässlichen Informationsgeber wahrzunehmen. Aktionen wie „24hPolizei“ der Berliner Polizei sollen beispielsweise dazu beitragen, Bürgern die polizeilichen Arbeitsabläufe transparent zu machen, durch den entstehenden Dialog Vertrauen zu erzeugen und neue Zielgruppen zu erschließen.

Zu „Friedenszeiten“ kann ein Unternehmen sich folglich eine Vertrauensbasis erarbeiten, die für den Krisenfall unerlässlich ist. Um dieses Vertrauen auch in Krisensituationen zu festigen, muss die Kommunikation über die sozialen Medien notwendigerweise den Grundsätzen der Krisenkommunikation „Offenheit, Transparenz, Glaubwürdigkeit und Dialogorientierung“ unterliegen (vgl. [4]).

Auch im Rahmen der Krisenfrüherkennung kann Social Media eine entscheidende Rolle spielen: Im Rahmen des sogenannten Issue-Managements lassen sich aktuell in der Öffentlichkeit diskutierte Themen einer definierten Zielgruppe durch aktives Medienmonitoring identifizieren und bewerten. Diese Sicht auf aktuelle öffentliche Interessen ermöglicht es, Themen mit einer möglichen negativen Auswirkung zeitnah zu erkennen, vorzudenken und gegebenenfalls Vorkehrungen für eine mögliche Eskalation zu treffen.

Für Unternehmen, die bereits zu Marketingzwecken, für den Bewerberkontakt oder zum Ausbau der Kundenbindung soziale Medien einbinden, ist die Kommunikation über soziale Kanäle im Rahmen von krisenhaften Ereignissen unabdingbar. Denn jedes Angebot eines Kommunikationskanals schafft eine gewisse Verbindlichkeit, diesen auch zu bedienen.

An den Auftritt eines Unternehmens in sozialen Medien ist diese Verbindlichkeit ebenfalls geknüpft: „Die Öffentlichkeit“ hat die Erwartungshaltung einer ständigen Informationsbereitstellung. Geschieht dies nicht, sind der Verlust der Informationshoheit und der Kontrolle über die Kommunikation zu erwarten. Im Beispiel von Lufthansa/Germanwings trug die schnelle Veröffentlichung der Ad-hoc-Meldung zum Absturz dazu bei, den aktuellen Informationsstand der Unternehmen herauszugeben und Gerüchten vorzubeugen. Die Unternehmen haben sich damit als maßgebliche Informationsquelle zum Ereignis positioniert und somit stärkeren Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung nehmen können.

Wichtige Randbedingungen

Für den unternehmerischen Einsatz von Social Media müssen notwendigerweise organisatorische Rahmenbedingungen festgeschrieben werden. Die strategische Ausrichtung einer Institution bestimmt dabei auch die Ziele der Nutzung sozialer Netzwerke – diese gehen über die Anforderungen an die Krisenkommunikation hinaus.

Im Hinblick auf die Kommunikation mit der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit einem hochemotionalen Ereignis spielen Erfahrung und Kompetenz eine wichtige Rolle – Kommunikation ist nur so gut wie die Person, durch die sie erfolgt. Vor allem die Grundsätze für erfolgreiche Krisenkommunikation (vgl. etwa [4]) müssen verinnerlicht und bestenfalls regelmäßig trainiert beziehungsweise geschult werden.

Um Social Media überhaupt im Rahmen des Krisenmanagements nutzbar zu machen, sind einige Voraussetzungen zu erfüllen, die innerhalb des Tagesgeschäfts umgesetzt und ausgebaut werden müssen. Dazu gehört es, eine entsprechende Reichweite zu generieren. Hier zeigt sich auch eine Besonderheit von Social Media: Es kann nicht nur als reines Krisenkommunikationsinstrument dienen. Denn damit man Social Media im Krisenmanagement effektiv nutzen kann, muss bereits im Vorfeld aktives Community-Management betrieben werden, um eine gewisse Zahl von Followern – also Abonnenten des jeweiligen Social-Media-Accounts – zu gewinnen. Diese gehören dann auch in einer Krise zu den primären Empfängern von Informationen: „Das Community-Management umfasst alle Aufgaben, die direkten Kontakt zur Zielgruppe über Social Media beinhalten“ [4] – es ist maßgeblich für die Vertrauensbildung zwischen Unternehmen und Öffentlichkeit.

Social Media hat nicht den Anspruch, Nachrichten zu „machen“, sondern Interaktion zu verwirklichen. Zudem kann die Kommunikation eines Unternehmens mit der Öffentlichkeit nicht ausschließlich über soziale Medien erfolgen – diese können nur eine Ergänzung des klassischen Kommunikationsportfolios darstellen und müssen einen Großteil der Bedürfnisse der Nutzer befriedigen.

Die richtige Plattform

Welche Plattformen sich für den unternehmerischen Einsatz eignen, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Ein wesentlicher Aspekt ist die Anzahl der aktiven Nutzer sowie deren Nutzungshäufigkeit und -dauer, was ausschlaggebend für die Reichweite von Nachrichten ist. Die Anzahl der Nutzer hängt dabei nicht zuletzt davon ab, wie nutzerfreundlich eine Plattform gestaltet und ob sie kostenfrei ist.

Je höher die Reichweite und je benutzerfreundlicher die Oberfläche, desto wahrscheinlicher ist die Verbreitung von Informationen über die eigentliche Community hinaus. Ideal sind Plattformen, die crossmedial wirken (medienübergreifend). Plattformen mit einer hohen Diversifikation an Nutzergruppen, wie Twitter, eignen sich besonders, um wichtige Informationen über andere Medien weiter zu verteilen.

Je nach Größe und Zielgruppe muss auch der personelle Aufwand für die regelmäßige Kommunikation als weiterer Faktor in die Bewertung einfließen: Die Arbeit mit Social Media ist gerade im Ernstfall sehr personalintensiv. Auch die Kompatibilität mit Tools zur Arbeitserleichterung kann daher ein weiterer ausschlaggebender Faktor für eine positive Entscheidung zur Nutzung sozialer Medien sein.

Seit dem Inkrafttreten der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im Mai 2018 spielen darüber hinaus zunehmend rechtliche Faktoren eine Rolle. So ist darauf zu achten, dass datenschutzrelevante oder urheberrechtliche Regelungen durch die jeweilige Plattform sichergestellt werden.

Implementierung für Alltag und Krise

Man muss es noch einmal betonen: Die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit an eine regelmäßige Kommunikation über Social-MediaKanäle führt dazu, dass das Betreiben eines Social-Media-Accounts sowohl im Alltagsbetrieb als auch im Rahmen des Krisenmanagements einen hohen Personalaufwand mit sich bringt.

Die Herausforderung besteht also darin, ein Social-Media-Team zusammenzustellen, dass sich auch in die Gegebenheiten des reaktiven Krisenmanagements integrieren lässt. In der Regel werden die Verantwortlichen der Regelorganisation auch im Krisenfall tätig.

Zweckbestimmung und Social-Media-Strategie

Bevor man ein Social-MediaTeam zusammenstellt, muss zunächst der Zweck dieses Teams definiert werden: Nicht jeder versteht heutzutage die Unverzichtbarkeit einer solchen Arbeitsgruppe – daher ist eine Zweckbeschreibung schon aus Rechtfertigungsgründen unerlässlich.

Die eigentliche Intention eines Unternehmens zur Einrichtung eines Social-Media-Teams liegt meist nicht in der Krisenkommunikation begründet, sondern in der Unterstützung des alltäglichen Marketingauftritts, der Nachwuchsgewinnung oder dem Kundenkontakt. Für die Krisenbewältigung übernimmt das Social-Media-Team als Teil des Krisenkommunikationsteams eine besondere Rolle – dazu sind idealerweise die Aufgaben und Verantwortlichkeiten im Rahmen der alltäglichen Arbeit und beim Krisenmanagement innerhalb eines Krisenkommunikationsplans voneinander abgegrenzt.

Für den Einsatz sozialer Medien im unternehmerischen Kontext ist zudem eine Social-Media-Strategie festzulegen, die sich an der Zielerreichung des Unternehmens orientiert. Im Rahmen des Krisenmanagements richtet sie sich nach den Vorgaben der Krisenkommunikations-Strategie, die der Krisenstab situativ definiert.

Einbinden ins Krisenmanagement

In der Regel ist ein SocialMedia-Team in die Kommunikationsabteilung oder im Marketing einer Organisation eingebunden. Während einer Krise fungiert es für gewöhnlich als Teil des Krisenkommunikationsteams und orientiert sich an den vom Krisenstab oder Krisenkommunikationsteam gestellten Anforderungen, wie beispielsweise der Einhaltung einer „One-VoicePolicy“ in Verbindung mit der Krisenkommunikations-Strategie sowie der Nutzung festgelegter Meldewege, die im Rahmen der Krisenbewältigung definiert sind.

Abbildung 2: Gründe für den Social-Media-Einsatz im Krisenfall
Abbildung 2: Gründe für den Social-Media-Einsatz im Krisenfall

Möglicher Aufbau eines Krisen-Teams für Social Media

Social-Media-Teams in der Krisenbewältigung können verschiedene Strukturen aufweisen – grundsätzlich hängt ihre Zusammensetzung von der Unternehmensgröße und dem zur Verfügung stehenden Personal ab. Nach Best-Practice-Ansätzen sollte ein Team jedoch (schon im Vorfeld einer Krise) mindestens für die folgenden Aufgabenbereiche bestimmt werden:

  • Krisen-Social-Media-Manager: Der Verantwortliche hat in Abstimmung mit dem Krisenstab die Hoheit über Tätigkeiten und Inhalte vor dem Hintergrund der Einhaltung der Krisenkommunikations-Strategie. Er sorgt für den reibungslosen Ablauf von Social-Media-Aktivitäten in einer Krisensituation nach außen und nach innen.
  • Krisen-Analysten: sind mit der Auswertung aktueller Social-Media-Aktivitäten beauftragt, um Entwicklungen auf den betriebenen Kanälen zu erkennen. Sie analysieren Inhalte und Reaktionen der Zielgruppe und/ oder Follower und erstellen Berichte und verstehen die Auswirkungen der Inhalte und Social-Media-Aktivitäten. Oft bedienen sie sich an Tools im Rahmen des Social-Media-Monitorings.
  • Krisen-Content-Entwickler: Diese Rolle beschäftigt sich mit der Entwicklung von Inhalten, die der Bewältigung der Krise dienen und in sozialen Medien veröffentlicht werden.
  • Krisen-Community-Manager: hat hauptsächlich die Aufgabe, die Online-Community in der Krise zu fördern. Er setzt dazu festgelegte Kommunikations-Strategien ein, um eine „soziale Präsenz“ und angemessene Inhalte zu verwalten. Der Krisen-Community-Manager überwacht und beteiligt sich – falls erforderlich – an relevanten Gesprächen. Oftmals erhält er zur Ausübung seiner Tätigkeiten in der Krise Praxisvollmachten, um Reaktionswege zu verkürzen – diese sollten ebenfalls vor einer Krise definiert werden.

Welche Größe ein Krisen-Social-Media-Team umfasst, richtet sich nach den internen und externen Erwartungen der Zielgruppen beziehungsweise Stakeholder und Follower sowie der entsprechenden Kommunikations-Strategie des Unternehmens.

Fazit

Die Antwort auf die Frage, ob und wann der Einsatz von Social-Media als Instrument im Krisenmanagement sinnvoll ist, lässt sich nur mit „Es kommt drauf an!“ beantworten.

Sofern Unternehmen bereits Social-Media zu Marketingzwecken nutzen, aktives Community-Management betreiben und eine gewisse Reichweite mit ihren Kanälen erzielen, ist die Nutzung der vorhandenen Kanäle im Rahmen der Krisenkommunikation unerlässlich. Follower nehmen Social-Media-Kanäle mittlerweile als wesentliche Informationsquelle wahr. Werden sie innerhalb einer Krise nicht mehr bedient, bleiben Informationsbedürfnisse der Nutzer unbefriedigt – hier besteht die Gefahr, dass sich Ereignisse mit einer gewissen Tragweite verschärfen.

Für Unternehmen, die noch nicht in sozialen Medien aktiv sind, ist abzuwägen, ob dies sinnvoll wäre. Grundsätzlich muss klar sein, dass Social-Media nicht nur ein Sprachrohr für Unternehmen ist, sondern einer breiten Masse zur Verfügung steht, um eigene Gedanken und Meinungen zu veröffentlichen. Das macht die Arbeit mit solchen Medien schwer kontrollierbar: Meldungen und Informationen können schnell falsch interpretiert oder weiterkommuniziert werden – der Raum für Gerüchte und Spekulationen und somit für Falschmeldungen ist groß. Dementsprechend hoch ist der Kommunikationsaufwand in sozialen Netzen.

Das Beispiel des Umgangs durch Lufthansa/ Germanwings zeigt jedoch, dass eine gut vorbereitete Kommunikation über Social-Media einen überaus positiven Einfluss auf die Bewältigung von Krisen haben kann, da dort die Stimmung und Informationsbedürfnisse der Öffentlichkeit wahrgenommen und bedient werden können.

Unternehmen sind dann deutlich schneller in der Lage, auf unvorhergesehene Entwicklungen zu reagieren und die „richtigen“ Informationen zu kommunizieren. Durch Social-Media haben Unternehmen somit eine stärkere Möglichkeit, durch schnelle Kommunikation die Informationshoheit zu behalten und die Meinungsbildung der Öffentlichkeit aktiver mitzugestalten als über klassische Kommunikationswege.

Julia Vahldieck und Sven Stubbe sind Berater im Bereich „Business Security“ bei der HiSolutions AG.

Literatur

[1] Organisation for Economic Co-Operation and Development (OECD) (Hrsg.), Participative web and usercreated content – Web 2.0, Wikis, and Social Networking, Oktober 2007, ISBN 978-92-64-03746-5, E-Book gratis via www.oecd.org/fr/sti/ieconomie/participativewebanduser-createdcontentweb20wikisandsocialnetworking.htm

[2] Felix Beilharz, Social-Media-Management, Wie Marketing und PR Social-Media-tauglich werden, BusinessVillage, 2012, ISBN 978-3-86980-144-5

[3] N. Petersen, Social Media im Rahmen des Reputationsmanagements – Risiken eingrenzen, Chancen nutzen, in: Achim Kinter, Ulrich Ott (Hrsg.), Risikofaktor Social Web, Reputationsrisiken und -chancen managen, Bank-Verlag Juli 2014, ISBN 978-3-86556-406-1

[4] Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Leitfaden Krisenkommunikation, August 2014, www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/bevoelkerungsschutz/leitfaden-krisenkommunikation.

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