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Haftung ausgeschlossen? : Grenzen des Haftungsausschlusses bei IT-Verträgen

Nachdem in der letzten aus aktuellem Anlass die Haftung für Hardwaremängelbetrachtet wurde, geht es dieses Mal um Software – und die Grenzen dessen, was Lizenzvereinbarungen oder ähnliche Vertragswerke ausschließen können.

Lesezeit 5 Min.

Als Anfang der 90er-Jahre Ashton-Tate dBase IV herausbrachte, war die Version erheblich mit Mängeln behaftet. Am Servicetelefon hörte man dann unter anderem den Satz: „Fehlerfreie Software kann es nicht geben, daher ist eine Haftung bei unserer Software generell ausgeschlossen.“ Diese recht forsche Rechtsauffassung ließ seinerzeit manchen Kunden ratlos zurück. Aber die Frage bleibt: Wie weit kann man bei Software eigentlich wirklich die Haftung ausschließen? Und außerdem: Muss auch ein Programmierer, der – egal ob gewerblich oder womöglich hobbymäßig – Open-Source-Software schreibt und sie unentgeltlich der Welt „schenkt“, für seine Software haften?

Dass man pauschal jegliche Haftung für Software ausschließen kann, wird kaum jemand ernstlich glauben. So leuchtet es direkt ein, dass einer, der vorsätzlich Fehler einbaut, natürlich immer zur Rechenschaft gezogen werden kann – dies würde dann auch für einen Open-Source-Programmierer gelten.

Die Grenze des noch zulässigen Haftungsausschlusses genau zu treffen, ist jedoch sehr schwierig, weil dabei eine Vielzahl gesetzlicher Normen und auch aktuelle Rechtsprechung zu berücksichtigen sind. Zu allem Überfluss gilt: Ist eine Klausel auch nur etwas zu weit gefasst, so ist sie unwirksam und entfällt komplett – mit der Folge, dass dann wieder die allgemeinen Gesetze gelten. Auch vor Gericht lassen sich solche Klauseln nicht auf das zulässige Maß stutzen, denn hier gilt das sogenannte Verbot der „geltungserhaltenden Reduktion“ – „etwas weniger“ kann in IT-Verträgen also letztlich durchaus „mehr“ sein.

EULA, AGB & Co.

Hersteller verwenden beim Verkauf von Software oder Hardware Standardvertragsbedingungen, die als sogenannte „allgemeine Geschäftsbedingungen“ (AGB) eingestuft werden, weil sie nicht individuell zwischen Verkäufer/Hersteller und Käufer ausgehandelt werden, sondern für eine Vielzahl von Kaufverträgen gelten sollen.

Solche AGB unterliegen jedoch besonderen gesetzlichen Regelungen, von denen nicht abgewichen werden darf. Viele der heute verwendeten Klauseln sind daher schlichtweg unwirksam, weil sie zugunsten des Verkäufers zu weit gefasst sind. Auch wenn bestimmte Klauseln bei unzähligen anderen Verkäufern auftauchen, werden sie dadurch nicht wirksamer – einfach abschreiben hilft hier also niemandem.

Ob solche AGB auf eine Softwareverpackung aufgedruckt sind, sich im Kaufvertrag gedruckt oder auf das Internet referenziert wiederfinden, ist dabei unerheblich. Um AGB handelt es sich übrigens auch dann noch, wenn man ein vorgefertigtes Formular nimmt und individuell an einigen Punkten ergänzt. Erst wenn einem individuellen Part tatsächliche Verhandlungen vorangegangen sind, bei denen sich die Parteien „auf Augenhöhe“ befanden, dann sind diese Teile (!) keine AGB. Bei all dem hilft es auch wenig, einzelne Vertragsbausteine undeutlich oder auslegungsfähig zu formulieren, denn solche Schwierigkeiten gehen immer zulasten des Verwenders und werden also zugunsten des Käufers ausgelegt.

Generell sind „für den Käufer überraschende Klauseln“ in AGB ausgeschlossen – ebenso solche, die den Kunden unangemessen benachteiligen. Eine Haftung kann zudem nicht ausgeschlossen oder auch nur beschränkt werden, sofern es um die Verletzung von Leib und Leben geht sowie bei vorsätzlichem Handeln und wenn eine Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz gegeben ist. Gleichermaßen unzulässig ist ein Haftungsausschluss bei grober Fahrlässigkeit oder Arglist.

Garantieleistungen

Sehr zurückhaltend sollte man auch mit einer „Garantie“ sein, denn für sie ist ein Haftungsausschluss ebenfalls nicht denkbar: Es wäre ja auch unlogisch, wenn der Verkäufer auf der einen Seite etwas garantiert (zusichert) und sich andererseits auf einen Haftungsausschluss berufen will. Die Haftung für eine gegebene Garantie ist vielmehr sogar verschuldensunabhängig. Zudem zieht die Rechtsprechung mittlerweile den Rahmen ziemlich weit, wann etwas bereits eine Garantie ist: Nach Auffassung der Gerichte genügen auch andere Worte, wenn sie faktisch auf dasselbe hinauslaufen – etwa eine Zusicherung, ein Versprechen oder sogar „da können Sie sich drauf verlassen“. Gerade in der Werbung oder in anpreisenden Broschüren wird gerne geklotzt – an dieser Stelle muss der Jurist gegebenenfalls den Werbetexter einmal ausbremsen.

Unwirksam sind auch Klauseln in AGB, die pauschal bestimmte Schäden ausschließen – etwa entgangenen Gewinn oder Betriebsstillstand – oder Höchstgrenzen für die Haftung formulieren. Dabei muss man komplex denken: Zwar ist es beispielsweise bei Verträgen zwischen Unternehmern zulässig, die Frist für Mängelansprüche auf ein Jahr zu reduzieren. Da man aber die Haftung beispielsweise für grobe Fahrlässigkeit nicht ausschließen darf, muss man alle obligatorischen Fälle vom Haftungsausschluss ausnehmen, sonst ist durch die Reduktion auf ein Jahr auch diese Haftung eingeschränkt worden und damit die Klausel (in Gänze) unwirksam. Die Formulierung gültiger Haftungsregelungen in AGB ist sicherlich der schwierigste Teil überhaupt.

Legitime Grenzen

Zulässig ist beispielsweise eine Begrenzung der Haftung bei einfacher Fahrlässigkeit, aber auch dies nicht ohne Ausnahmen: So hat sich die Rechtsprechung dahingehend festgelegt, dass eine Haftung dennoch bei der Verletzung sogenannter Kardinalspflichten nicht ausgeschlossen werden darf. Denn es soll einfach nicht möglich sein, dass bei besonders wichtigen Pflichten trotzdem aus Fahrlässigkeit Schäden entstehen. Ein Beispiel: Eine Fabrik kauft eine neue Maschine, die Werkstücke presst, die ein Arbeiter vorlegt. In dem Bereich, in dem sich die Hände des Arbeiters bewegen, sind Sensoren, welche die Anpressplatte stoppen sollen, sobald dort eine Hand ist. Hier darf selbst bei einfacher Fahrlässigkeit dem Hersteller kein Fehler passieren.

Um wiederum die Sache für den Hersteller erträglicher zu machen, lässt die Rechtsprechung es aber zu, den Schadensersatz zu begrenzen – und zwar auf den typischerweise vorhersehbaren Schaden.

Bibliothek schützt vor Haftung nicht

Bei der Programmierung von Software greift man gerne auf fertige Bausteine zurück, die man in seine Software einbindet und die man entweder selbst kauft oder die als Open Source jedem zur freien Verfügung stehen. Dabei muss man sich aber als Hersteller eines Endprodukts im Klaren sein, dass man für das Gesamtprodukt voll haftet, auch wenn man fremde Teile mit eingebaut hat.

Dabei gibt es einerseits die durchaus praktische Frage, ob ein Open-Source-Programmierer, von dem man vielleicht nur den Namen oder eine Mail-Adresse kennt und der etwa in Indien oder Pakistan sitzt, wirklich zur Haftung herangezogen werden könnte. Doch auch unabhängig davon lässt die Rechtsprechung es zu, bei einer „geschenkten“ Software die Haftung weiter auszuschließen, als wenn man dafür Geld nähme. So kann es also sein, dass der Hersteller des Endprodukts gegenüber dem Kunden für Softwarebausteine haften muss, die er selbst gar nicht kennt, die er nie programmiert hat und deren Programmierer wiederum die Haftung wirksam ausgeschlossen hat.

Solange man von Fehlern in Drittprodukten nicht tatsächlich weiß, kann man dieses Problem umgehen, indem man (vorher) darauf verweist, dass bestimmte Routinen zusätzlich installiert sein müssen, damit das eigene Programm läuft: Dann verwendet der Käufer das Modul nämlich selbst und die haftungsreduzierten AGB des Open-Source-Programmierers gelten ihm gegenüber direkt.

Die <kes>-Rubrik „Recht“ gibt Tipps zu Rechtsfragen der ITK sowie der Informationssicherheit und informiert über aktuelle Urteile aus diesem Bereich. Rechtsanwalt Stefan Jaeger betreut diese Kolumne seit 2013. Er ist Partner bei SIMON und Partner und referiert über IT-Rechtsfragen seit Jahren an der Deutschen Richterakademie und beim Deutschen Richterbund. Er ist darüber hinaus Referatsleiter Datenschutz bei der GenoServ eG.

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