Definition BCM : Business-Continuity-Management
Ob Naturkatastrophen, Cyberangriffe oder Pandemien: Unternehmen sehen sich einer wachsenden Vielzahl an Störfaktoren gegenüber, deren Auswirkungen mitunter gravierend sind. Business-Continuity-Management (BCM) verspricht hier ein strukturiertes Vorgehen, um die eigene Widerstandskraft zu stärken – oder zumindest handlungsfähig zu bleiben, wenn das Unerwartete eintritt.
Was ist BCM?
Beim BCM handelt es sich um einen ganzheitlichen Managementprozess, der potenzielle Bedrohungen identifiziert und darauf abzielt, kritische Geschäftsprozesse auch unter erschwerten Bedingungen aufrechtzuerhalten. Im Kern geht es weniger um Krisenreaktion als vielmehr um die Fähigkeit, mit der Störung als Teil der Normalität umzugehen – nicht spektakulär, aber solide.
BCM ist kein Krisenhandbuch zum Abheften, sondern eine fortlaufende Aufgabe. Es beginnt bei der Risikoanalyse, führt über die Entwicklung von Wiederanlaufstrategien und endet – idealerweise – nie, sondern wird regelmäßig überprüft und weiterentwickelt. Kontinuität ist also nicht nur Ziel, sondern auch Methode.
Warum BCM mehr ist als Compliance
Abseits regulatorischer Anforderungen – und ihrer mitunter trügerischen Papierform – ist ein funktionierendes BCM auch eine Frage der Unternehmensreputation. Wer im Krisenfall sichtbar handlungsfähig bleibt, wahrt nicht nur seinen Betrieb, sondern auch das Vertrauen von Kunden, Partnern und Mitarbeitenden. Nicht zuletzt kann ein robustes BCM-System auch einen Unterschied machen, wenn es um Wettbewerbsvorteile oder Versicherbarkeit geht.
In vielen Branchen gibt es zudem spezifische Vorschriften zur Geschäftskontinuität. Ein gut implementiertes BCM-System hilft Unternehmen auch, diese Anforderungen zu erfüllen und Compliance-Risiken zu vermeiden.
Die Einführung eines Business-Continuity-Management-Systems (BCMS) scheitert in der Praxis oft an begrenzten Ressourcen – insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen. Hier setzen die sogenannten BCM-Profile an, wie sie etwa das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) mit dem Standard 200-4 vorschlägt. Statt alle BCM-Komponenten gleichzeitig auszurollen, erlaubt das Profil-Modell eine stufenweise und risikoorientierte Umsetzung. Abhängig vom Schutzbedarf der Geschäftsprozesse lassen sich einzelne Maßnahmen modular planen und realisieren – von der minimalistischen Basissicherung bis zum vollumfänglichen BCM. Das fördert nicht nur die Akzeptanz, sondern erlaubt auch einen schnellen Start mit überschaubarem Aufwand.
Welche Bausteine machen BCM erfolgreich?
Ein tragfähiges BCM-System besteht aus mehreren ineinandergreifenden Komponenten:
- Business Impact Analysis (BIA): Sie identifiziert die kritischen Geschäftsprozesse eines Unternehmens und bewertet die potenziellen Auswirkungen einer Unterbrechung dieser Prozesse. Die BIA hilft Unternehmen, Prioritäten zu setzen und Ressourcen für die Kontinuitätsplanung effektiv zuzuweisen.
- Die Risikobewertung identifiziert potenzielle Bedrohungen für die Geschäftskontinuität und bewertet deren Wahrscheinlichkeit und potenzielle Auswirkungen. Sie hilft Unternehmen, ihre Ressourcen auf die wichtigsten Risiken zu konzentrieren und angemessene Gegenmaßnahmen zu entwickeln.
- Basierend auf den Ergebnissen der BIA und der Risikobewertung entwickeln Unternehmen eine Business-Continuity-Strategie. Diese legt fest, wie das Unternehmen auf verschiedene Arten von Störungen reagieren und die Kontinuität kritischer Prozesse sicherstellen wird.
- Der Business-Continuity-Plan (BCP) ist ein detailliertes Dokument, das beschreibt, wie das Unternehmen bei einer Störung vorgehen wird. Er enthält konkrete Anweisungen für verschiedene Szenarien und legt fest, wer für welche Maßnahmen verantwortlich ist.
- Tests und Übungen: Ein BCP ohne praktische Erprobung bleibt Theorie. Nur wer regelmäßig testet, weiß, wo es klemmt.
Minimal Viable Company: Notbetrieb als Strategie
Moderne BCM-Konzepte greifen über klassische Wiederanlaufpläne hinaus. Das Konzept der Minimal Viable Company (MVC) stellt die Frage: Was braucht ein Unternehmen im absoluten Ernstfall, um überlebensfähig zu bleiben? Anders als bei reiner Recovery-Orientierung geht es hier um den gezielten Erhalt der geschäftskritischen Kernfunktionalität – etwa in KRITIS-Umgebungen oder stark digitalisierten Geschäftsmodellen. Der Fokus liegt auf Ressourcenpriorisierung, Aufrechterhaltung essenzieller Lieferketten und minimaler Personalabdeckung. So wird der Wiederanlauf realistisch planbar – auch unter widrigsten Bedingungen.
Umsetzung: kein Sprint, sondern ein Marsch
Die Implementierung eines BCM-Systems erfordert einen strukturierten Ansatz und die Unterstützung der gesamten Organisation. Ein erfolgreiches BCM beginnt an der Spitze. Die Führungsebene muss das Projekt unterstützen, Ressourcen bereitstellen und die Bedeutung des BCM für das Unternehmen kommunizieren. Zudem sollte ein dediziertes Team für die Entwicklung und Implementierung des Systems verantwortlich sein. Dieses Team sollte Vertreter aus verschiedenen Abteilungen umfassen, um ein umfassendes Verständnis der Geschäftsprozesse sicherzustellen.
Alle Mitarbeiter sollten über den BCM-Plan informiert sein und wissen, welche Rolle sie im Falle einer Störung spielen. Das Geschäftsumfeld und die damit verbundenen Risiken ändern sich ständig. Der BCM-Plan sollte regelmäßig überprüft und aktualisiert werden, um sicherzustellen, dass er aktuell und wirksam bleibt.
Fazit: Widerstandskraft ist kein Zufallsprodukt
BCM ist kein Allheilmittel, aber ein tragfähiges Fundament – gerade in Zeiten, in denen Unsicherheiten nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind. Wer hier frühzeitig investiert, erhöht nicht nur die Chance, im Krisenfall zu bestehen, sondern auch die Resilienz im Alltag zu stärken. Und ganz nebenbei: Ein Unternehmen, das sich ernsthaft mit BCM beschäftigt, tut oft auch viel für seine digitale, organisatorische und kulturelle Robustheit.