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IT-Grundschutz: Struktur, Werkzeuge und Zukunft des deutschen Standards für Informationssicherheit

Der IT-Grundschutz ist mehr als ein Maßnahmenkatalog – er prägt das Management von Informationssicherheit in Deutschland und entwickelt sich stetig weiter. Dieser Artikel erläutert Grundlagen, Aufbau, Werkzeuge und aktuelle Entwicklungen rund um den IT-Grundschutz, zeigt Herausforderungen auf und gibt einen Ausblick auf die nächsten Jahre.

Lesezeit 8 Min.

Vom Konzept zum Standard: Entstehung und Zielsetzung des IT-Grundschutzes

Als das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) 1994 das erste IT-Grundschutzhandbuch veröffentlichte, war die IT-Landschaft in Behörden und Unternehmen noch überschaubar. Ziel war es, praxisorientierte Vorgaben für typische Gefährdungen der Informationstechnik bereitzustellen und so ein Mindestmaß an Sicherheit zu etablieren. Im Laufe der Jahre wurde aus der Sammlung an Einzelmaßnahmen eine umfassende Methodik, die heute als De-facto-Standard für Informationssicherheit in Deutschland gilt.

Das BSI agiert als zentrale Autorität und treibende Kraft hinter dem IT-Grundschutz. Es veröffentlicht nicht nur die Standards, sondern entwickelt Methodik und Inhalte kontinuierlich weiter. Dabei reagiert das BSI auf neue Bedrohungslagen, technologische Veränderungen und Anforderungen aus Gesetzgebung und Praxis. Besonders mit der Überarbeitung im Jahr 2017 und der Einführung des IT-Grundschutz-Kompendiums wurde das System modularer, flexibler und besser an internationale Normen wie die ISO 27001 angepasst.

Viele Anwender sehen im IT-Grundschutz mehr als eine Checkliste. Die Methodik fordert eine systematische Herangehensweise: Es geht um die Einführung, Pflege und Verbesserung eines Managementsystems für Informationssicherheit (ISMS). Der IT-Grundschutz verlangt, dass Prozesse analysiert, Risiken bewertet und Maßnahmen kontinuierlich auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. So ist er nicht nur Werkzeug zur Erfüllung von Compliance, sondern ein Ansatz, um Informationssicherheit in den betrieblichen Alltag zu integrieren.

Ein wichtiger Impulsgeber für den Wandel des IT-Grundschutzes sind neue Sicherheitsparadigmen wie Zero Trust. Das BSI hat das Prinzip, das auf kontinuierlicher Überprüfung von Identitäten und Berechtigungen basiert, als wichtige Leitlinie für die Weiterentwicklung des Grundschutzes identifiziert. Zero Trust wird in kommenden Kompendiumsausgaben und Standards als Querschnittsthema an Bedeutung gewinnen.

Aufbau und Struktur: Wie der IT-Grundschutz funktioniert

Das Herzstück des IT-Grundschutzes ist ein mehrstufiges Regelwerk. Die BSI-Standards 200-1 bis 200-4 bilden das methodische Fundament. Standard 200-1 beschreibt die Anforderungen an ein ISMS, also die organisatorischen und prozessualen Rahmenbedingungen für Informationssicherheit. Standard 200-2 legt die Vorgehensweise fest – von der Strukturanalyse eines Informationsverbunds, über die Schutzbedarfsermittlung, bis hin zur Umsetzung und Kontrolle von Maßnahmen. Standard 200-3 behandelt die Risikoanalyse und Standard 200-4 das Business Continuity Management.

Die IT-Grundschutz-Bausteine im Kompendium gliedern die IT-Landschaft in handhabbare Einheiten. Jeder Baustein beschreibt typische Gefährdungen für einen bestimmten Bereich – zum Beispiel für Netzwerke, Server, Anwendungen oder Organisationsprozesse – und leitet daraus Maßnahmen und Anforderungen ab. Damit wird ein Informationsverbund in übersichtliche Segmente zerlegt, für die der Schutzbedarf einzeln ermittelt werden kann.

Die Schutzbedarfsermittlung ist der Ausgangspunkt jeder IT-Grundschutz-Implementierung. Sie bewertet für jedes Asset – also jede Informations- oder IT-Komponente – die Auswirkungen eines Schadens auf Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit. Daraus ergibt sich, welche Bausteine und Maßnahmen notwendig sind. Die Methodik sieht verschiedene Absicherungsniveaus vor: Von der Basis-Absicherung für gering schutzbedürftige Umgebungen, über die Standard-Absicherung, bis hin zu erweiterten Schutzmaßnahmen, wenn besonders hohe Risiken bestehen.

Im modernen IT-Grundschutz stehen Flexibilität und Anpassbarkeit im Vordergrund. Die Methodik erlaubt es, für jeden Informationsverbund die passenden Schwerpunkte zu setzen und dabei eine Balance zwischen Aufwand, Risiko und Nutzen zu finden. Die Komplexität der Anforderungen kann je nach Größe und Struktur der Institution variiert werden.

Vom Basis-Schutz zur Zertifizierung: Stufenmodell und praktische Anwendung

Für Einsteiger bietet der IT-Grundschutz mit der Basis-Absicherung einen pragmatischen Weg, um schnell ein Mindestniveau an Sicherheit zu erreichen. Diese Vorgehensweise ist besonders für kleinere Kommunen und mittelständische Unternehmen gedacht, für die der vollständige Standardumfang zu aufwendig wäre. Mit der Standard-Absicherung wird das volle Methodenspektrum genutzt – einschließlich detaillierter Risikoanalysen und der Möglichkeit, eine Zertifizierung zu erreichen.

Die Zertifizierung nach IT-Grundschutz erfolgt über ein mehrstufiges Auditverfahren. Dabei prüft ein unabhängiger Auditor, ob die Anforderungen der BSI-Standards und des Kompendiums im jeweiligen Informationsverbund umgesetzt wurden. Organisationen können sich nach ISO 27001 auf Basis von IT-Grundschutz zertifizieren lassen. Die enge Verzahnung mit der internationalen Norm macht den IT-Grundschutz auch für Unternehmen mit internationalen Geschäftsbeziehungen attraktiv.

Ein Unterschied zum klassischen ISO-27001-Ansatz besteht in der Detaillierung und dem hohen Praxisbezug der Bausteine im Kompendium. Während die ISO-Norm eher prozessorientiert ist und einen Rahmen vorgibt, liefert der IT-Grundschutz konkrete Maßnahmen und Umsetzungsanleitungen. Das erleichtert die praktische Anwendung, insbesondere für Organisationen, die bislang wenig Erfahrung mit Managementsystemen für Informationssicherheit haben.

Einsatzfelder finden sich vor allem in der öffentlichen Verwaltung, aber auch in kritischen Infrastrukturen (KRITIS) und im Mittelstand. Gerade im Kontext neuer Regulierungen wie der NIS-2-Richtlinie gewinnt der IT-Grundschutz weiter an Bedeutung. Die Anforderungen von NIS-2 lassen sich durch die Standard-Absicherung weitgehend abdecken, was den IT-Grundschutz zu einem wichtigen Werkzeug für Compliance macht.

Praxis und Werkzeuge: Tools, Automatisierung und Integration

Die Einführung und der Betrieb eines ISMS nach IT-Grundschutz sind ohne geeignete Werkzeuge kaum zu bewältigen. In der Praxis kommen verschiedene Tools zum Einsatz. Das GSTOOL des BSI war lange ein Standard, wurde aber inzwischen durch modernere Lösungen abgelöst. Heute setzen viele Organisationen auf spezialisierte ISMS-Tools, die die Verwaltung von Assets, die Dokumentation von Maßnahmen, Risikoanalysen und das Reporting automatisieren.

Neben kommerziellen Produkten gibt es leistungsfähige Open-Source-Lösungen wie XWiki, die sich durch Anpassbarkeit und Integration in bestehende IT-Landschaften auszeichnen. Mit XWiki lassen sich strukturierte ISMS-Dokumentationen, Compliance-Mappings und Aufgabenmanagement flexibel abbilden. Auch Content-Management-Systeme und Ticket-Systeme werden genutzt, um Aufgaben zu koordinieren und die Nachvollziehbarkeit von Maßnahmen sicherzustellen.

Ein Trend ist die Integration der IT-Grundschutz-Methodik in umfassende ISMS-Plattformen, die mehrere Standards abdecken und Schnittstellen zu anderen IT-Systemen bieten. Automatisierung spielt dabei eine zentrale Rolle: Schutzbedarfsfeststellungen, Risikoanalysen und die Fortschrittskontrolle von Maßnahmen lassen sich durch Workflows und Dashboards effizienter gestalten. Schnittstellen zu bestehenden Inventar- oder Monitoring-Systemen sorgen für aktuelle und konsistente Daten.

Die Anpassung an moderne IT-Landschaften, etwa Cloud- und OT-Umgebungen, wird durch spezielle Bausteine wie CON.9 (Cloud-Nutzung) oder OPS.1 (Betrieb) unterstützt. Damit trägt der IT-Grundschutz der zunehmenden Verschmelzung von IT und operativen Prozessen Rechnung.

IT-Grundschutz und neue Regulierungen: Anpassung an NIS-2, DORA und CRA

Die Anforderungen an die Informationssicherheit ändern sich ständig – nicht zuletzt durch neue EU-Regelwerke wie NIS-2, DORA (Digital Operational Resilience Act) und CRA (Cyber Resilience Act). Der IT-Grundschutz wird fortlaufend an diese Vorgaben angepasst. Die Modularität der Methodik erlaubt es, neue Anforderungen gezielt zu integrieren, ohne das gesamte System neu aufbauen zu müssen.

Mit der NIS-2-Richtlinie rücken Themen wie Business-Continuity-Management, Krisenmanagement und technische Sicherheitsmaßnahmen stärker in den Fokus. Der IT-Grundschutz deckt diese Bereiche durch seine Bausteine und die Integration von Standards wie dem BSI 200-4 für Business Continuity ab. Auch Anforderungen an die Überwachung von Dienstleistern, Vorfallmanagement und Penetrationstests sind bereits Bestandteil der Methodik.

Die Zukunft des IT-Grundschutzes ist geprägt von weiteren Schritten in Richtung Modularisierung und Automatisierung. Die kommende Generation – IT-Grundschutz++ – wird ab 2026 ein maschinenlesbares, kontinuierlich aktualisiertes Kompendium bieten. Redundanzen werden abgebaut, Anforderungen klarer strukturiert und durch „Praktiken“ und Leistungskennzahlen ergänzt. So sollen Aufwand und Komplexität reduziert werden, ohne an Wirksamkeit einzubüßen.

Ein weiteres zentrales Thema ist die Integration von Zero-Trust-Prinzipien. Das BSI arbeitet daran, diese Paradigmen systematisch in die Bausteine und Anforderungen des Grundschutzes zu überführen. Damit bleibt der IT-Grundschutz anschlussfähig an internationale Entwicklungen und wird seiner Rolle als Blaupause für Informationssicherheit auch künftig gerecht.

Fazit: Deutscher Pragmatismus mit internationaler Anschlussfähigkeit

Der IT-Grundschutz hat sich als praxisnahes und flexibles System für Informationssicherheit etabliert. Seine Stärke liegt in der Verbindung aus klaren Vorgaben, methodischer Systematik und der Möglichkeit, auf neue Anforderungen schnell zu reagieren. Die Integration in internationale Standards wie ISO 27001 macht ihn auch für global agierende Unternehmen interessant.

Für Einsteiger empfiehlt sich der Weg über die Basis-Absicherung, der einen schnellen Sicherheitsgewinn ermöglicht. Der kontinuierliche Ausbau – etwa durch die Standard-Absicherung oder eine spätere Zertifizierung – sorgt dafür, dass Informationssicherheit schrittweise und nachhaltig verankert wird. Die Investition in ein geeignetes ISMS-Tool und die Integration von Automatisierung sind dabei wichtige Erfolgsfaktoren.

Die künftige Entwicklung des IT-Grundschutzes zeigt einen klaren Trend: Mehr Klarheit, bessere Automatisierung, stärkere Einbindung der Anwender und konsequente Ausrichtung an neuen Sicherheitsparadigmen wie Zero Trust. Damit bleibt der IT-Grundschutz ein pragmatisches, anschlussfähiges Werkzeug für die Informationssicherheit in Verwaltung, Wirtschaft und kritischen Infrastrukturen.

(Dieser Artikel basiert auf Inhalten aus dem <kes>-Archiv sowie externen Fachquellen. Er wurde mithilfe von KI erstellt und durch die Redaktion inhaltlich und sprachlich geprüft.) 

Literaturverzeichnis

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  2. Andreas Barke, Volker Tanger: „Zero Trust: Ein neuer Maßstab für den IT-Grundschutz?“, <kes> 6/2024, www.kes-informationssicherheit.de/print/titelthema-festplatten-dietriche-zur-extraktion-verschluesselter-daten/zero-trust-ein-neuer-massstab-fuer-den-it-grundschutz/
  3. Prof. Dr. Knut Haufe: „ISMS-Tools in der Praxis (1): Erfolgsfaktoren für die Nutzung von ISMS-Tools bei Aufbau und Betrieb eines ISMS“, <kes> 2024#5, www.kes-informationssicherheit.de/print/titelthema-cnapp-das-unbekannte-wesen/isms-tools-in-der-praxis-1/
  4. Prof. Dr. Knut Haufe: „ISMS-Tools in der Praxis (2): Unterstützung des ISMS-Betriebs durch dedizierte Tools“, <kes> 2024#6, www.kes-informationssicherheit.de/print/titelthema-festplatten-dietriche-zur-extraktion-verschluesselter-daten/isms-tools-in-der-praxis-2/
  5. Sebastian Klipper, Lars Albert, Louisa Frick: „Alles beginnt mit einem Satz (1): Content-Management- und Ticket-Systeme als ISMS-Tools“, <kes> 5/2023, www.kes-informationssicherheit.de/print/titelthema-erschoepfung-nach-erpressung-it-teams-am-limit/alles-beginnt-mit-einem-satz-1/
  6. Sebastian Klipper: „Alles beginnt mit einem Satz (2): Praktische ISMS-Implementierung durch Verwendung von Content-Management-Systemen am Beispiel von XWiki“, <kes> 4/2024, www.kes-informationssicherheit.de/print/titelthema-die-zeitschrift-fuer-informations-sicherheit/alles-beginnt-mit-einem-satz-2/
  7. Wolfgang Böhmer: „Risiken und ihre Begrifflichkeiten in Theorie und Praxis (1)“, <kes> 3/2024, www.kes-informationssicherheit.de/print/titelthema-zero-trust-privacyzentriert-und-foederiert/risiken-und-ihre-begrifflichkeiten-in-theorie-und-praxis-1/
  8. Dr. Wolfgang Böhmer: „Risiken und ihre Begrifflichkeiten in Theorie und Praxis (2)“, <kes> 4/2024, www.kes-informationssicherheit.de/print/titelthema-die-zeitschrift-fuer-informations-sicherheit/risiken-und-ihre-begrifflichkeiten-in-theorie-und-praxis-2/
  9. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI): „IT-Grundschutz-Kompendium“, www.bsi.bund.de/grundschutz
  10. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI): „BSI-Standards 200-1 bis 200-4“, www.bsi.bund.de
  11. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI): „Positionspapier Zero Trust 2023“, Juni 2023, www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Publikationen/TechnischeLeitlinien/Zero-Trust/Zero-Trust_04072023.pdf
  12. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI): „IT-Grundschutz-Profil für oberste Bundesbehörden“, Januar 2024, www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Grundschutz/Hilfsmittel/Profile/Profil_oberste_Bundesbehoerden.html
  13. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI): „FAQ zur IT-Grundschutz-konformen Dokumentation“, Juni 2024, www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Grundschutz/Drafts/Community_Draft/IT_Grundschutz_konforme_Doku_FAQ.html

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