Editorial : KI: Problem oder Lösung?
Prognosen haben aufgezeigt, dass technologische Transformationen ins Stocken geraten könnten. Führungskräfte stehen vor enormen Herausforderungen, da der ROI von KI-Investitionen auf sich warten lässt und die Sicherheit im Zeitalter autonomer KI-Agenten unzureichend adressiert wird.
Laut Forresters Technologie- und Sicherheitsprognosen werden 75 % der relevanten Entscheidungsträger bis 2026 einen Anstieg ihrer technischen Schulden auf ein mittleres oder hohes Niveau erleben. Dies werde auf die rasante Entwicklung von Lösungen der künstlichen Intelligenz (KI) zurückzuführen sein, welche die Komplexität von IT-Landschaften erhöhen. Um diesen „Tsunami technischer Schulden“ einzudämmen, erwarten die Analysten, dass Technologieführer im kommenden Jahr die Einführung von KI-Plattformen für IT-Abläufe (AIOps) verdreifachen werden. „Während AIOps die Zukunft sind, müssen IT-Führungskräfte, die eine leistungsstarke IT-Organisation betreiben wollen, auch in den Aufbau der richtigen Kultur, Daten, Architektur und Sicherheitspraktiken investieren, um das Unternehmenswachstum zu beschleunigen“, mahnt Forrester.
Gleichzeitig erwartet das Analystenhaus, dass nur eine von fünf für die digitale Transformation verantwortlichen Führungskräften im technischen Bereich erfolgreich sein wird. Viele kritische technologiegestützte Transformationen dürften ins Stocken geraten, Unternehmen darunter leiden und ihre Führungskräfte dafür verantwortlich machen. Eine weitere Vorhersage besagt, dass der Return of Invest (ROI) von KI-Investitionen länger dauern wird als erwartet – Ungeduld könnte Unternehmen dazu veranlassen, ihre Investitionen vorzeitig zurückzufahren, auch wenn das langfristig von Nachteil wäre.
Nicht zuletzt prognostiziert Forrester: Drei von vier Unternehmen, die auf eigene Initiative ambitionierte „agentische“ KI-Architekturen aufbauen, werden scheitern. Denn solche Architekturen seien knifflig und erfordern unter anderem fortschrittliche Datenarchitekturen und sehr spezielles Fachwissen (www.forrester.com/predictions/)**.
Laut flexera zeigt sich indessen ein anhaltender „KI-Optimismus“: Insgesamt sei die große Mehrheit der IT-Führungskräfte zuversichtlich, die KI-Zukunft ihres Unternehmens managen zu können – 85 % sehen sich bestens auf den Einsatz generativer KI (genAI) vorbereitet. Dabei seien die IT-Experten keineswegs blind gegenüber den noch zu überwindenden Herausforderungen: 90 % meinen, die KI-Fähigkeiten von Mitarbeitern weiter ausbauen zu müssen – 65 % seien sich bewusst, dass sich neue Technologien nicht „in konventionelle Kategorien einordnen lassen, sondern neue Teams und Prozesse zur Verwaltung erfordern“ (https://info.flexera.com/ITV-REPORT-IT-Priorities)**.
Auf der anderen Seite kommt eine ISACA-Studie zu dem Schluss, dass ein großer Teil der Unternehmen ihre Cyber-Security in Sachen KI außen vor lässt: Nur 35 % der befragten Experten oder Teams für Cyber-Sicherheit seien an der Entwicklung von Richtlinien für den Einsatz von KI-Technologie in ihrem Unternehmen beteiligt. Fast die Hälfte (45 %) hätte hingegen angegeben, nicht bei der Entwicklung, Einführung oder Implementierung von KI-Lösungen mitzuwirken (www.isaca.org/resources/reports/state-of-cybersecurity-2024)**.
Und Okta warnt in seinen Cybersecurity-Trends, dass wir schon Ende 2025 in einer Welt leben könnten, „in der Milliarden von autonomen KI-Agenten in unserem Namen handeln“ und beruft sich dabei auf Untersuchungen von Gartner, denen zufolge KI-Agenten bis 2028 bereits 15 % der täglichen Arbeitsentscheidungen autonom treffen könnten. Angesichts des damit verbundenen Versprechens eines enormen Produktivitätszuwachses müsse die Cybersecurity-Branche dringend über die Kontrolle sowie den Schutz von Daten im bevorstehenden Zeitalter autonomer KI-Agenten sprechen: „Verpassen wir diese Chance, werden wir im nächsten Jahr eine steigende Flut sowohl von versehentlichen als auch feindlichen Datenlecks und Cyberangriffen erleben.“ Die Branche müsse Antworten auf dringende Fragen finden: Was machen diese Bots? Auf welche Daten haben sie Zugriff? Wie können wir Bedingungen festlegen und kontrollieren, welche Informationen sie mit wem und unter welchen Umständen teilen? Im Moment sind alle diese Fragen noch offen, stellt Okta fest (okta.com/de).
All dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Redaktion und Verlag der <kes> wünschen allen Lesern* einen besinnlichen Jahreswechsel und ein friedvoll(er)es sowie sicher(er)es neues Jahr 2025!
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